Sehr geehrte Bundesregierung,
der Aufschwung geht in einer ganz wesentlichen Komponente an den Bürgern vorbei, denn die Beteiligung an Unternehmen fristet in Deutschland ein Schattendasein: Nur etwa jeder siebte Deutsche investiert laut dem Deutschen Aktieninstitut in Aktien, etwa 1,1 Millionen Mitarbeiter sind als Belegschaftsaktionäre an ihrem Unternehmen beteiligt. Der Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung – AGP schätzt, dass etwa ebenso viele Beschäftigte an nicht-börsennotierten, überwiegend mittelständischen Unternehmen beteiligt sind. Damit sind die Deutschen nicht nur abgekoppelt vom wirtschaftlichen Erfolg, sondern lassen auch eine Form der Vermögensbildung und Altersvorsorge weitgehend ungenutzt, die nicht nur im derzeitigen Niedrigzinsumfeld eine attraktive Rendite verspricht.

Pressemitteilung
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Der Berliner Appell
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Der Schlüssel zur Lösung dieses Problems ist die Mitarbeiterkapitalbeteiligung, also die finanzielle Beteiligung der Beschäftigten am Kapital des Arbeit gebenden Unternehmens, welche zusätzlich zum Tariflohn ausgezahlt wird. Mitarbeiter partizipieren direkt am Erfolg des eigenen Unternehmens und erhalten damit die Möglichkeit zur Vermögensbildung.

Die Kapitalbeteiligung wirkt umgekehrt aber auch ertragssteigernd, da sie Mitarbeiter enger an das Unternehmen bindet, dadurch die Personalfluktuation senkt, und Engagement sowie Motivation der Mitarbeiter fördert. Zudem ist sie eine Möglichkeit, die Bürger an den Kapitalmarkt heranzuführen und mit den Chancen und Risiken, die mit Aktien und andere Kapitalbeteiligungen verbunden sind, vertraut zu machen.

Zwar gibt es verschiedene Möglichkeiten der Beteiligung sowohl für große börsennotierte Unternehmen (Aktienprogramme), als auch für kleinere, nicht börsengelistete Unternehmen (Genussrechte, stille Beteiligung). Allerdings bietet nur etwa die Hälfte der DAX-Unternehmen ihren Mitarbeitern eine direkte Beteiligung an. Auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen wird das Potenzial der Mitarbeiterkapitalbeteiligung mit derzeit etwa 3.500 Programmen nur ungenügend ausgeschöpft. Unzureichende Kenntnisse über die Möglichkeiten der Mitarbeiterkapitalbeteiligung auf Unternehmensseite und ungünstige Rahmenbedingungen sind die Gründe dafür. Deshalb müssen angemessene Anreize gesetzt und Hindernisse beseitigt werden:

  • Der jährliche Steuerfreibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligung muss von derzeit 360 Euro auf ein international übliches Niveau von mindestens 3.000 Euro angehoben werden.
  • Dividenden und Zinserträge dürfen nicht besteuert werden, wenn sie zum langfristigen Vermögensaufbau reinvestiert werden.
    Langfristige Anleger müssen anders besteuert werden als kurzfristig denkende und handelnde Investoren, beispielsweise durch die Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne bei einer Haltefrist von mindestens zehn Jahren.
  • Die steuerlichen, regulatorischen und gesellschaftsrechtlichen Anforderungen müssen auf den Prüfstand, damit die Unternehmen eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung so einfach wie möglich anbieten können.
  • Auch in Klein- und Kleinstunternehmen und gerade für Start-ups ist die Förderung einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung wichtig. Hier kann auf die Erfahrungen aus dem europäischen Ausland (z.B. Spanien), die derzeit im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des Europäischen Parlaments diskutiert werden, zurückgegriffen werden.
  • Schließlich müssen die von der Europäischen Kommission im Rahmen des Mid-Term-Review zur Kapitalmarktunion artikulierten Absichten, zumindest EU-weit regulatorische und steuerliche Hindernisse der grenzüberschreitenden Implementierung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungsprogrammen abzubauen, rasch und beherzt in die Tat umgesetzt werden.

Die Unterzeichner des Berliner Appells fordern die neue Bundesregierung auf, aktiv zu werden und die genannten Punkte in die Koalitionsvereinbarung aufzunehmen. Parteiübergreifendes Ziel sollte es sein, in der nächsten Legislaturperiode mehr Arbeitnehmer direkt an den Erfolgen des eigenen Unternehmens zu beteiligen. Gleichzeitig trägt dies der vermögenspolitischen Notwendigkeit Rechnung, die Aktien- und Beteiligungskultur in Deutschland zu stärken.

Unterzeichner

Name Funktion Unternehmen
Nico Baader Vorstandsvorsitzender Baader Bank AG
Hubert Barth Vorsitzender der Geschäftsführung Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Daniel Bauer Vorstandsvorsitzender SdK – Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.
Dr. Heinrich Beyer Geschäftsführer Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung – AGP
Thorsten Boeckers Finanzvorstand K+S Aktiengesellschaft
Maximilian Boltersdorf Geschäftsführer Brohl Wellpappe GmbH & Co.KG
Kay Bommer Geschäftsführer DIRK – Deutscher Investor Relations Verband
Dr. Christine Bortenlänger Geschäftsführender Vorstand Deutsches Aktieninstitut e.V.
Jens Braeuker Vorstand IT Südwestfalen AG
Karl Braun Mitglied des Vorstands KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Thomas Bruch Geschäftsführender Gesellschafter Globus SB-Warenhaus Holding GmbH & Co. KG
Thomas Dannenfeldt Vorstand Finanzen DEUTSCHE TELEKOM AG
Stefan Dräger Vorsitzender des Vorstands Drägerwerk AG & Co. KGaA
Olivier Elamine CEO alstria office REIT-AG
Dr. Elke Eller Mitglied des Vorstands für das Ressort Personal und Arbeitsdirektorin TUI Group
Dr. Hans-Ulrich Engel Finanzvorstand BASF SE
Dr. Michael Faller Geschäftsführender Gesellschafter August Faller GmbH & Co. KG
Gerd Galonska Sprecher der Geschäftsführung PEAG Holding GmbH
Dr. Peter Göth Geschäftsführer CMG CLAAS Mitarbeiter-beteiligungs-Gesellschaft mbH
Wolfgang Grüb Geschäftsführer Lorch Schweißtechnik GmbH
Dr. Margarete Haase Mitglied des Vorstands DEUTZ AG
Claus Holtmann Geschäftsführender Gesellschafter HOLTMANN GmbH+Co.KG
Dr. Olaf Holzkämper Vorstand für Finanzen, Unternehmensentwicklung und CEWE SOFORT SERVICE CEWE Stiftung & CO. KGaA
Sven Huschke Mitglied des Vorstands Cortado Holding AG
Joe Kaeser Vorsitzender des Vorstands Siemens AG
Clemens Keller Geschäftsführender Gesellschafter Seeberger GmbH
Guido Kerkhoff Vorstand Finanzen thyssenkrupp AG
Olaf Klinger Vorstand Finanzen Symrise AG
Prof. Dr. Lutz Kolbe Professur für Informationsmanagement Georg-August-Universität Göttingen
Prof. Dr. Olaf Korn Professur für Finanzwirtschaft Georg-August-Universität Göttingen
Michael Kramarsch Gründer und Managing Partner hkp/// group AG
Dr. Markus Krebber Finanzvorstand RWE AG
Matthias Krieger Geschäftsführender Gesellschafter Krieger + Schramm GmbH & Co. KG Bauunternehmung
Dr. Philip Lettmann Geschäftsführer WALA Heilmittel GmbH
Peter Leyendecker Geschäftsführer C.Th. Leyendecker-Heil GmbH
Prof. Dr. Hagen Lindstädt Institut für Unternehmensführung Karlsruher Institut für Technologie
Tilman Löffelholz Vorsitzender des Vorstands Meissner AG
Prof. Dr. iur. Jens Lowitzsch Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät & Leiter des Interuniversitären Zentrums EUROPA-UNIVERSITÄT VIADRINA FRANKFURT (ODER)
Markus Medek Geschäftsführer Winkler GmbH
Harm Ohlmeyer Finanzvorstand ADIDAS AG
Dr. Klaus Patzak Finanzvorstand Bilfinger SE
Tobias C. Pross Head of EMEA Allianz Global Investors
Thomas Richter Hauptgeschäftsführer BVI
Rubin Ritter Co-CEO Zalando SE
Prof. Dr. Christian Rödl Geschäftsführender Partner und Vorsitzender der Geschäftsleitung Rödl & Partner
Stefan Schellhase Mitglied des Vorstands OctaVIA AG
Christine Seger Geschäftsführende Gesellschafterin Seger Transporte GmbH & Co. KG
Hauke Stars Mitglied des Vorstands Deutsche Börse AG
Prof. Dr. Thomas Steger Lehrstuhl Führung und Organisation Universität Regensburg
Dr. Nikolas Stihl Vorsitzender des Beirats STIHL Holding AG & Co. KG
Patrick Thomas Vorstandsvorsitzender Covestro AG
Marc Tüngler Hauptgeschäftsführer DSW – Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V.
Markus Wasserle Geschäftsführender Gesellschafter Wasserle GmbH
Prof. Dr. Ingo Weller Hochschullehrer Ludwig-Maximilians-Universität München
Prof. Dr. Michael Wolff Professur für Management und Controlling Georg-August-Universität Göttingen
Roland Wolfrum Geschäftsführer H. Steinhardt GmbH
Michael Zahn Vorsitzender des Vorstands Deutsche Wohnen SE
Susanne Zeidler Mitglied des Vorstands Deutsche Beteiligungs AG
Dr. Matthias Zieschang Vorstand Controlling und Finanzen Fraport AG
Dr. Marc Zoellner CEO Accumulatorenwerke Hoppecke Carl Zoellner & Sohn GmbH